Von Franken nach Bayern

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Wenn sich so langsam der beginnende Spätsommer ankündigt und ein verlängertes Wochenende vor der Tür steht, könnte man ja mal wieder eine große Tagestour starten. Seit ich angefangen habe, lange Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen, bewundere ich die Leute, die mehrere hundert Kilometer am Stück durchfahren, immer mehr. Meist findet das im Rahmen von sogenannten Brevets statt, also großen Touren, die innerhalb eines bestimmten Zeitlimits beendet werden müssen. Die Königsdiszplin sind die ganz weiten Strecken, zum Beispiel das PBP (Paris-Brest-Paris), das über 1200 km geht und von den meisten Teilnehmenden in deutlich unter drei Tagen (und Nächten) bewältigt wird. Wirklich beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, dass man, schon allein um überhaupt teilnehmen zu dürfen, im gleichen Jahr mehrere „kleine“ Brevets mit 200 bis 600 km nachweisen muss. Das ist mir nun wirklich alles etwas zu viel, aber zumindest an die kürzeste Distanz habe ich mich schon gelegentlich gewagt, und sogar erfolgreich: Vor zig Jahren bin ich mal von Erlangen nach Esslingen und ein andermal von Erlangen nach München geradelt, jeweils an einem Tag und jeweils über 200 km. Ich weiß also, dass ich das schaffen kann, und nach der USA-Tour dieses Jahr sollte es ja eigentlich gar kein Problem sein. Also beschließe ich, am ersten Wochenende im September mal wieder von Erlangen (bzw. genaugenommen von Buckenhof) nach München zu fahren.

Zwei Bilder von der Tour nach Esslingen, damals mit meinem alten Gitane-Rennrad, und ein Bild von der Tour nach München, damals mit meinem alten Gudereit-Rennrad.

 

Das Wichtigste für so eine Tour ist natürlich, dass das Wetter mitspielt, und zum Glück sind für das geplante Wochenende wolkenloser Himmel, strahlender Sonnenschein und Temperaturen um die 20°C vorhergesagt – perfekte Bedingungen. Also mache ich ein Treffen mit meinem in „Minga“ wohnenden Kumpel Moggast aus, mit dem ich schon diverse lange und kurze Radtouren unternommen habe (z. B. von München nach Rom). Natürlich gibt es für eine solche Tour ein bisschen mehr vorzubereiten als für einen „normalen“ Radausflug, wobei sich der Aufwand trotzdem in Grenzen hält. Proviant, Werkzeug, ein paar Ersatzteile und Klamotten für verschiedene Tageszeiten, das wars eigentlich schon. Den Hauptteil der Planung nimmt die Wahl der Route ein. Beim letzten Mal bin ich auf kürzestem Weg von Erlangen nach Nürnberg gefahren und dort auf den Radweg am Main-Donau-Kanal. So will ich es diesmal auch machen. Ich entscheide mich für die Route, die auf der Internetseite Radreise-Wiki vorgeschlagen ist und die ich im Großen und Ganzen direkt übernehme, mit ein paar kleinen Änderungen, hauptsächlich am Anfang und am Ende. Danke an dieser Stelle an alle, die solche Seiten pflegen und immer neue Strecken vorbereiten und hochladen!

Die erste große Prüfung vor einer langen Tagestour ist das frühe Aufstehen, für einen ausgesprochenen Langschläfer wie mich ist es schon eine echte Herausforderung, beim Klingeln des Weckers um halb sechs nicht einfach alles über den Haufen zu werfen, lieber liegen zu bleiben und einen gemütlichen Tag auf dem Sofa zu verbringen. Aber gut, ich schaffe diesen großen Schritt und nach einem leichten Frühstück sitze ich Punkt 7.13 Uhr auf dem Fahrrad. Es geht los!

In der frischen Morgenluft geht’s zunächst durch den Sebalder Reichswald von Erlangen nach Nürnberg, entlang der B4, vorbei am Nürnberger Flughafen, an der Burg und in den Süden Nürnbergs. Ich fahre durch die Gartenstadt, wo meine Großeltern früher gewohnt haben und treffe nach dem Stadtteil Falkenheim auf den Kanalradweg.

Das ist klasse, ab hier geht es für die nächsten 40 km nur noch geradeaus und ich kann mich ohne Steigung und Gegenwind gut einfahren. Auf langen Strecken ist es ein Riesenvorteil, wenn man in der ersten Tageshälfte einen ordentlichen Zeitpuffer herausfahren kann. Ich komme super voran und bei der Schleuse Hilpoltstein mache ich meine erste Pause. Es gibt ein Käsbrot, eine Banane und natürlich ein Snickers. Kurz bevor ich die Donau-Main-Wasserscheide passiere, unterquere ich zum ersten Mal die mächtige A9, die mich heute den ganzen Tag mal näher, mal etwas weiter entfernt begleiten wird.

Dann verlasse ich den Kanalradweg, ab jetzt fahre ich über Landstraßen immer ziemlich straight Richtung Süden. Zwischen Erlangen und München gibt es zwar keine nennenswerten Berge, aber die Gegend ums Altmühltal hat schon einige Höhenmeter in sich, verteilt auf viele kleine, teils knackige Steigungen. Den Kindinger Berg, bekannt aus den Staumeldungen im Radio, muss ich aber nicht überqueren, stattdessen kreuze ich bei Greding mal wieder die A9 und folge für etwa zehn Kilometer dem herrlichen Altmühl-Radweg. Viele rüstige Rentner mit E-Bikes begegnen mir hier, der Radweg ist wirklich sehr beliebt. Von hier kann man auch schön die Steigung der Autobahn am Berg erkennen, mit dem Übergang an der „Passhöhe“. Im Nachhinein fast unvorstellbar, dass wir auf der USA-Radtour tatsächlich auf solchen Straßen mit den Fahrrädern gefahren sind. Hier ist das zum Glück nicht notwendig.

Nach (zu) kurzer Zeit überquere ich die Altmühl bei Kipfenberg und verlasse den Radweg schon wieder und nähere mich Ingolstadt, wo mit knapp über hundert Kilometern Wegstrecke ziemlich genau die Mitte meiner Tour liegt. Eigentlich versuche ich auf Fahrradtouren, große Städte zu umfahren, weil man im dichten Stadtverkehr doch deutlich weniger angenehm vorankommt als auf Landstraßen. Da mein Zeitplan aber recht straff gespannt ist, kann ich mir diesen Luxus heute nicht erlauben und fahre stattdessen mitten durch die City. In der Innenstadt sitzen die Leute entspannt draußen in der Fußgängerzone und „gönnen sich“. Mir ist allerdings noch nicht nach einer Pause zumute, und so lasse ich Ingolstadt zügig hinter mehr und mache auf einer schattigen Wiese meine große Mittagsrast.

Das Wetter ist nach wie vor perfekt und ich entschließe mich sogar zu einem fünfzehminütigen Powernap. Dies ist riskant, weil man entweder verschlafen oder danach nicht mehr in die Gänge kommen könnte. Es geht aber alles gut und nach insgesamt einer halben Stunde geht’s weiter, Richtung Hallertau. Über sanfte Hügel fahre ich durch die Hopfengärten, und langsam wird es Nachmittag. Mittlerweile stehen schon über 150 km auf dem Konto, und gut 70 km liegen noch vor mir. Zum Glück bin ich dieses Jahr aber so gut in Form, dass ich noch genügend Kraftreserven für das letzte Drittel des Tages habe.

Am Amperkanal überquere ich zum letzten Mal für heute die A9 und fahre über herrliche Landstraßen in der Abendsonne weiter. Nach einem Hügel tut sich auf einmal ein wunderschöner Blick auf die Alpen auf. Grandios. Auch die Allianz-Arena kann man von hier aus erkennen. Die Münchner haben einfach Geschmack.

Irgendwann muss ich mich von dem Postkarten-Anblick losreißen und biege bei Eching nach links ab, um auf den Isarradweg zu kommen, der mich die letzten Kilometer verkehrsfrei nach München führen wird. Bei Ismaning erwartet mich Mogg, er ist mir entgegengefahren und wir genießen zur Feier des Tages 1 kühles Bier an der Isar.

Bis „nach Hause“ in Thalkirchen sind es dann auch nochmal gute 20 km, aber mit einem ortskundigen Führer und guter Laune ist das dann auch kein Problem mehr. Trotzdem kommen wir erst an, als es schon richtig dunkel ist. Am Ende des Tages stehen rund 230 km auf dem Tacho, und nach einer „urigen“ Brotzeit falle ich ins Bett (bzw. aufs Sofa). Am nächsten Tag heißt es dann Abhängen auf dem „Viki“ und sich maximal gehen zu lassen.

Wieder mal hat alles super geklappt und ich freue mich schon auf die nächste „double-century“-Tour!

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